»Dieses Buch erzählt die
Geschichte von Vera und István, die als ungarische Juden den Holocaust
überlebten, 1956 während des Aufstands von Budapest nach Dänemark flohen und
sich 1991 in Kopenhagen das Leben nahmen. Man fand sie Hand in Hand in ihrem
Bett. Es ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe. Die Geschichte meiner
Großeltern.« Johanna Adorján
~*~
Zwei
Menschen, die miteinander alt geworden sind, beschließen, sich das Leben zu
nehmen. Er ist schwer krank, sie will nicht ohne ihn sein. An einem Sonntag im
Herbst 1991 setzen sie ihren Plan in die Tat um.
Aber
erst einmal zurück zum Anfang: Die Geschichte beginnt 1940 als Johannas
jüdische Großeltern sich in Budapest kennenlernen. István, 31, Arzt, freundlich
und voller jüdischem Witz; Vera, 20, Physiotherapeutin, schön, jedoch rau,
verschlossen und geizig. Zwei Jahre nach ihrem Kennenlernen heiraten die
beiden. Danach spitzt sich die politische Lage in Europa immer weiter zu und
1944 wird István wie zehntausend andere ungarische Juden ins
Konzentrationslager Mauthausen gebracht. Die schwangere Vera kann in Budapest
untertauchen. Nach der Befreiung durch die Amerikaner 1945 kehrt der Arzt nach
Ungarn zurück. Um seine Karriere zu fördern, meldet István sich 1952 für ein
halbes Jahr zum Einsatz im Koreakrieg, aus dem er heil wiederkehrt. Während der
Zeit des Kommunismus verhält sich die Familie ruhig. Versucht nicht erneut
durch ihre jüdische Abstammung aufzufallen. Als der Volksaufstand 1956 von der
sowjetischen Armee blutig niedergeschlagen wird, fliehen István, Vera und die
beiden Kinder nach Dänemark. Dort fangen sie ein neues Leben an und blicken
scheinbar niemals zurück.
Das
Buch erzählt Johanna Adorjans Suche nach ihrer Identität. Sie fühlt sich keinem
Volk und keiner Religion zugehörig. Sie ist halb Jüdin, halb Deutsche. Geboren
in Stockholm, wohnt sie nun in Berlin. Achtzehn Jahre nach dem Tod ihrer
Großeltern besucht sie in ganz Europa deren Wegbegleiter, um Antworten auf ihre
Fragen zu finden:
Was
heißt es alles Mögliche „halb“ zu sein?
Wäre
es nicht einfach etwas „ganz“ zu sein?
Und
was bewegt ein elegantes, älteres Ehepaar, da sich ein Leben lang siezte, dazu
Selbstmord zu begehen, nachdem es Jahrzehnte zuvor den Holocaust überlebt hat?
Obwohl
auf ihrer Recherche nur wenig neue Fakten ans Licht kommen, so bringt diese
Nachforschung Johanna doch drei neue Erkenntnisse, die ihr Leben verändern. Den
letzten Tag ihrer Großeltern im Herbst
1991 kann die Autorin dank der Polizeiakten sehr genau rekonstruieren. Ihr
Selbstmord ist das konsequente Ende einer Liebe, die die ganze Welt ausschloss,
sogar die eigenen Kinder.
Mir
ist das Buch empfohlen worden und obwohl ich bei Empfehlungen skeptisch bin, wurde ich nicht enttäuscht. Ich finde den
Klappentext etwas irreführend, denn es wird sehr schnell klar, dass diese
„exklusive Liebe“ von der, der Titel spricht, nicht nur die zwischen Vera und
István ist. Das eigentliche Thema der Erzählung ist nämlich die Liebe, die die
Autorin für ihre Großmutter empfindet. Denn schließlich ist die größte
Erkenntnis nach ihren Recherchen, die, dass ich die beiden Frauen sehr ähnlich
sind.

Es ist eine gelungene Biographie zweier Menschen. Eine bittersüße, wehmütige,
jedoch nie melodramatische Liebesgeschichte.
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